Bei der haftungsrechtlichen Bewertung ärztlicher Behandlungsmaßnahmen bedarf es stets einer Berücksichtigung der individuellen Gegebenheiten beim Patienten. Dies wird einmal mehr deutlich im Rahmen einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 15.04.2024, I-3 U 100/23). Der Kläger war ambitionierter Fußballspieler in der Landesliga. Im Alter von 20 Jahren erlitt er eine Kreuzbandruptur. Nachdem die zunächst durchgeführten konservativen Maßnahmen nicht zu einer Beschwerdefreiheit geführt hatten und bei Testspielen erneute Beschwerden auftraten, wurde eine Kreuzbandplastik durchgeführt. Diesbezüglich rügte der Kläger u. a. die Indikation als auch eine mangelnde Aufklärung über die Behandlungsalternative der Fortsetzung der konservativen Therapie. Mit beiden Rügen drang der Kläger nicht durch. Das OLG macht deutlich, dass hier sowohl in Bezug auf die Indikation als auch die Frage nach der hinreichenden Aufklärung über Behandlungsalternativen zwingend die sportliche Aktivität des Klägers zu berücksichtigen sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen und den Angaben in der maßgeblichen Leitlinie komme eine konservative Therapie nur in Betracht, wenn der Patient ein geringes Aktivitätsniveau bei wenig kniebelastenden Sportarten habe. Diese Voraussetzungen seien vorliegend aber angesichts der sportlichen Tätigkeit des Klägers nicht erfüllt. Zugleich folge hieraus auch, dass die konservative Fortführung der Therapie keine echte Behandlungsalternative darstellt. Nur wenn der Kläger das Fußballspielen aufgegeben hätte, was er seinerzeit jedoch nicht als Option angesehen hat, wäre eine konservative Therapie eine Behandlungsalternative gewesen.